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Früh übt sich

„Laufen wir um die Wette!“, rufen die Kinder seit Menschengedenken. Damit sie diese Laufbereitschaft nicht verlieren, liegt es an Eltern und Trainern, den Tatendrang der Kinder spielerisch in die gewünschten Bahnen zu lenken.

Smartphones, Computer, Spielkonsolen, aber auch zunehmender Schulstress oder die Landflucht sorgen dafür, dass sich unsere Kinder immer weniger bewegen. Das Verhalten eines Kindes, bevor es durch äußere Einflüsse abgelenkt wurde, zeigt jedoch in eine ganz andere Richtung. Per pedes erkunden sie ihre Umgebung, entwickeln völlig selbständig koordinative Fähigkeiten und haben den größten Spaß am Herumrennen. Das sportliche Motto „höher, schneller, weiter“ wird hierbei ganz intuitiv und unterbewusst verfolgt. Dieses Verhalten zu fördern ohne dabei zu überfordern ist das A und O der Kinderleichtathletik.

ENTWICKLUNGSPHASEN

Motivierte Eltern, die ihre Kinder gerne zu ihren Trainingsläufen mitnehmen möchten, müssen sich bewusst sein, dass ein Erwachsenentraining – auch in abgespeckter Version – kein geeignetes Kindertraining ist. Kinder sind natürlich bei Weitem nicht so leistungsfähig wie ein Erwachsener, dafür haben sie aber ein sehr hohes Entwicklungspotenzial. Je nach Alter bzw. Entwicklungsphase entfalten sich die koordinativen und konditionellen Fähigkeiten unseres Nachwuchses ganz unterschiedlich. Koordination und Schnelligkeit werden in jungen Jahren am besten trainiert.
Bis zur Pubertät haben Mädchen und Jungs das gleiche Leistungsvermögen. Durch hormonelle Umstellungen differenziert sich danach das Leistungsbild. Im späten Kindesalter sind die Mädchen den Jungs in Sachen motorischer Lernfähigkeit zwar noch voraus, die Leistungsfähigkeit verliert im Vergleich zu den Jungen jedoch ca. 10 bis 15 Prozent. Die Beweglichkeit, die vor der Pubertät ihr Maximum erreicht, bleibt aber bei den Mädchen höher.

ABWECHSLUNG

Kinder lieben es von Natur aus, sich viel zu bewegen, mögen aber keine monotonen Bewegungsformen. Sie sollten vor allem vielseitig und spielerisch geschult werden. Bis ins späte Kindesalter sollten die Fähigkeiten der Sprösslinge durch unspezifische Lauf-, Reaktions-, Koordinations- und Ballspiele gefördert werden. Das Erlernen möglichst vielfältiger Bewegungsformen wie Reaktions- und Koordinationsspiele, Gymnastik, Springen, Laufen etc. steht im Vordergrund. Der junge Sportler soll für sich selbst herausfinden, bei welcher Art von sportlicher Betätigung er sich am wohlsten fühlt. Nach und nach kann man die Kids auf die Laufstrecke bringen. Wenn das Kind Spaß daran hat, kann das aerobe Lauftraining bis zu 50 Prozent des Trainings ausmachen.

GEMÄSSIGTES TRAINING

Anaerobes Training, also reines Tempotraining, bleibt bei Kindern bis 14 Jahre die absolute Ausnahme und wird lediglich in Form von Spielen und Sprints auf Strecken bis 80 Meter erreicht. Wird zu viel Ausdauertraining absolviert, ist keine optimale Ausbildung der konditionellen Grundeigenschaften möglich. Eine Gefahr für den Herzmuskel durch Ausdauerleistungen besteht für gesunde Kinder jedoch nicht. Die Skelettmuskeln ermüden deutlich schneller als der Herzmuskel. Dies ist bei Kindern ein natürlicher Schutzmechanismus für ihr Herz, weil ein Ausdauertraining durch die vorzeitige Ermüdung beendet wird. Eine mögliche Überlastung Ihres Kindes erkennen Sie außerdem an einem weißen Dreieck welches sich um Mund und Nase zeigt, wenn der Rest des Gesichtes sich rötlich färbt. Ein Training mit Pulsmesser ist erst ab dem 15. Lebensjahr sinnvoll. Die Herzfrequenz steigt bei Kindern bereits zu Beginn des Trainings stark an und erreicht auch bei mittlerer Intensität mit bis zu 190 Schlägen schon fast den Maximalwert. Beim gemeinsamen Lauftraining von Erwachsenen und Kindern ist darauf zu achten, dass das Kind das Tempo vorgibt. Das Kind sollte sich jederzeit beim Laufen unterhalten können.
Mit zwölf Jahren dominieren bei den Kindern die „Slow-twitch-Muskelfasern“, welche für die aerobe Ausdauerleistung prädestinieren. Für einen gezielten Aufbau der Ausdauerleistung ist ein drei- bis viermaliges Training von mindestens einer halben Stunde bis höchstens einer Stunde ratsam.

IN DER GRUPPE MACHT ES AM MEISTEN SPASS

Den meisten Spaß bereitet es Kindern, wenn sie gemeinschaftlich Sport treiben. Kinder, welche bereits in einem Sportverein trainieren, sind hier in ihrer Gruppe bestens aufgehoben. Eltern, die das Training von außen akribisch beobachten und analysieren, setzen ihre Kinder dadurch oft unbewusst unter Druck. Loben Sie Ihr Kind für erbrachte Leistungen und fiebern Sie bei Wettkämpfen mit, das motiviert Ihren Nachwuchs umso mehr. Bringen Sie hierbei auch Abwechslung ins Ausdauertraining. Folgende Varianten bieten sich beispielsweise an:

LAUFTRAINING FÜR KINDER

FANGSPIELE (ab 3 Jahre)
Z. B. Paarfangen – jeweils zwei Kinder fassen sich an der Hand und fangen ein anderes Paar, oder Klammern klauen – an der Oberbekleidung der Spieler sind Wäscheklammern befestigt, welche von den anderen weggenommen werden. Wer nach 3 Minuten die meisten Klammern besitzt, hat gewonnen.
BIATHLON (ab 6 Jahre)
Auf einer überschaubaren Fläche (Sportplatz, Garten, Park) wird gelaufen und mit Tennisbällen auf Ziele (Dosen oder in einen Korb) geworfen. Dauer ca. 10 bis 15 Minuten, Laufstrecke 1.000 bis 2.000 Meter, Treffer werden mit Zeitgutschrift (5 Sekunden) vergütet.
QUERFELDEINLAUF (ab 8 Jahre)
Ein lockerer Dauerlauf abseits der Wege über Stock und Stein, mit Pausen (bis zu 45 bis 60 Minuten).
ORIENTIERUNGSLAUF (ab 8 Jahre)
Querfeldein mit Karte und Kompass.
TEMPO-/KÖRPERGEFÜHLSTEST (ab 10 Jahre)
Hier kann auch der Langsamste gewinnen. Auf Strecken zwischen 50 und 1.000 Meter sagen die Spieler ihre Zeit vorher. Kinder werden so an ein systematisches Training herangeführt.
FAHRTSPIEL (ab 8/10/12 Jahre)
Im Gelände wird Slalom um Bäume oder auf Signal rückwärts oder seitwärts gelaufen (8 J.), lockere Steigerungen (10 J.), vorher definierte Zeit-/Längenabschnitte beschleunigt (12 J.).
ERSTE WETTKAMPFERFAHRUNG
Kinder lieben den Vergleich. Auch im Training kann man sie mit entsprechenden Spielen und Staffelwettbewerben begeistern und motivieren. Bei fast jedem Volkslauf zählen Bambini- und Kinderläufe zum Rahmenprogramm und haben nicht selten größere Teilnehmerzahlen als der Hauptlauf.
AUSDAUERLEISTUNGSTEST
Wie bei Erwachsenen auch kann das Ausdauerleistungsvermögen von Kindern und Jugendlichen anhand des Cooper-Tests überprüft werden. Die in 12 Minuten zurückgelegte Distanz gibt Aufschluss über die Ausdauerfähigkeit. Für Mädchen ab der Pubertät gelten für dieselbe Bewertung 15 Prozent kürzere Distanzen.

TALENTFÖRDERUNG

Bis heute gibt es keine abgesicherten Vorgaben für die Belastungssteigerungen im Verlauf des Kinder- und Jugendtrainings. Konsens besteht darin, dass alle Komponenten der Belastung, insbesondere der Belastungsumfang zu steigern sind (Kuno Hottenrott & Georg Neumann, 2008). In Leichtathletikvereinen des DLV arbeiten Trainer bzw. sind Übungsleiter ehrenamtlich tätig, um Ihren Sprössling in geeigneter Weise an ein systematisches Training heranzuführen und auszubilden. Zeigt sich der junge Sportler als besonders talentiert, besteht die Möglichkeit einer Talentförderung. Diese obliegt in Deutschland den Richtlinien des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und erfolgt in Sportvereinen sowie den Eliteschulen des Sports. Letztgenannte Einrichtungen gibt es derzeit an 43 Standorten, sie bestehen aus 108 Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie Gymnasien.

TEXT: Carsten Stegner

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