Hübner
Fotos: Picture Alliance
    • Joyce Hübner: Die absolute Grenzerfahrung (I)

      Wie viele Marathons braucht es, um Deutschland zu umrunden? Joyce Hübner weiß die Antwort. Denn die Berlinerin tat genau das. Sie lief in 120 Marathons rund um Deutschland.

      Imbiss- und Hoteltesterin – Joyce Hübner hätte unterwegs noch die ein oder andere Nebentätigkeit ausüben können. Vom tiefsten Süden der Republik bis hin zur Nord- und Ostseeküste: Immer wieder fand sich Joyce nach einem langen Lauftag an einem Imbiss wieder und biss in eine Bratwurst. Schließlich musste sie irgendwie Tag für Tag 5.000 Kilokalorien zu sich nehmen. „Ich esse gerne, aber ich wusste auch, wie das wird, wenn man so große Leistungen abruft und der Körper dann keinen Appetit hat und es eine Qual wird, zu essen.“

      Es dauerte eine Weile, bis sich das für Joyce einpendelte. Eine große Herausforderung waren zudem die Lauftage in den Bergen. „Dort war ich für die Marathondistanz ja wesentlich länger unterwegs. Da war es dann eine Herausforderung, überhaupt Zeit zu finden, so viel zu essen.“ Hinzu kam das organisatorische Problem, dass es in manchen Regionen einfach keine (geöffneten) Restaurants gab. So kam es dazu, dass sich Joyce immer wieder an einer Imbissbude wiederfand. „Zu dem Thema und zu Hotelzimmern könnte ich wirklich eine Hitliste machen.“

      Hübner hat fast immer Begleitung

      Dieser Aspekt ist natürlich nur ein kleiner Teil eines großen Mosaiks zahlloser Erlebnisse und Erfahrungen, welche die Berlinerin bei ihrer Deutschlandumrundung sammelte. Geplant war ihr Marathon-Projekt als doppelte Grenzerfahrung. Joyce, die das Laufen seit vielen Jahren als Ausgleich zum stressigen Alltag und für tägliche Glücksgefühle fest in ihrem Leben verankert hat, wollte die Grenzen der Republik ablaufen, um an ihre eigenen Grenzen zu gehen. „Ich hatte auch den Plan, währenddessen viel nachzudenken, zum Beispiel über langfristige Ziele. Normalerweise habe ich ganz oft meine kreativen Momente beim Laufen, überlege mir was ich demnächst noch so machen könnte oder gehe ein Problem im Kopf durch.“

      Hübner

      Doch unterwegs kam es anders und ihr blieb für langfristiges Denken keine Zeit. Denn Joyce hatte fast konstant Begleitung. Leute, die ihr Abenteuer auf Tiktok oder Instagram verfolgten, liefen immer wieder ein Stück oder gleich eine ganze Marathondistanz mit. „Von den 120 Marathons bin ich nur an vier Tagen alleine gelaufen. Da blieb nicht viel Zeit, um tief in mich zu gehen“, sagt Joyce. Aus ihrer persönlichen Grenzerfahrung wurde ein Gemeinschaftserlebnis – auf der Straße und in den sozialen Medien. Jeden Abend fasste sie zum Beispiel mit einem Instagram-Post ihren Lauftag zusammen – inklusive der immer gleichbleibenden Frage: Wie fühle ich mich?

      So nahm sie auch die Leute, die sie nur am Handybildschirm verfolgten, auf ihre Reise mit. Und das ganz transparent und ehrlich. An Tag 39 schrieb sie zum Beispiel Folgendes: „Mein Kopf sagt, das Projekt ist nach wie vor geil und ich will es durchziehen, aber der Körper muss noch überzeugt werden“. Heute kann gesagt werden, dass ihr diese Überzeugungsarbeit gelungen ist. „Ich wollte das wie einen Tagebucheintrag gestalten. Für mich ist es ja auch im Nachhinein interessant zu wissen, wie sich die unterschiedlichen Tage angefühlt haben. Und warum sollte ich bei alldem ein Blatt vor den Mund nehmen?“, sagt Joyce. „Ich präsentiere das in den sozialen Medien ja nicht, weil immer alles so schön und toll ist. Die Realität ist nun einmal anders. Ich will damit auch andere motivieren und zeigen, dass man auch, wenn es mal blöd läuft, daraus gestärkt hervorgehen kann.“ (Text: Kerstin Börß)

      Teil zwei der Story über Joyce Hübner findet ihr im Laufe der Woche auf der Webseite unter Reportagen.

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