Eiskalt & wunderschön
Laufen auf frisch verschneiten Wegen und Wiesen macht großen Spaß und bringt den Körper so richtig auf Hochtouren. Es ist ein anspruchsvolles Training und fordert den Organismus mit jedem Schritt heraus.
Text: Anne-Marie Flammersfeld
Der unebene Untergrund führt nicht selten zu einer ungewollten Rutschpartie. Laufen auf Schnee belastet die Muskulatur deutlich mehr und erinnert an Laufen auf Sand am Meer. Der Untergrund kann sich bei jedem Schritt anders anfühlen, was dazu führt, dass gerade die Muskeln in Füßen und Unterschenkeln Schwerstarbeit leisten müssen. Je nachdem, ob der Schnee gerade frisch gefallen ist oder ob sich schon ein festgetretener Weg gebildet hat: Das Laufen erfordert jetzt eine erhöhte Reaktions- und Koordinationsfähigkeit, um nicht zu stürzen. Mit Schnee und Eis fällt auch die Temperatur in den kühlen Bereich, und der Körper fühlt sich auf den ersten Metern oft sehr ungelenkig und steif an. Doch wer sich dieser eiskalten Herausforderung stellt, kann ein Training mit wirkungsvollem Workout-Effekt erleben.
Welche Schuhe für welchen Schnee?
Für alle, die im Winter viel mit Eisplatten und festgetrampelten Schnee zu kämpfen haben, sind Schuhe mit Spikes der Retter schlechthin. Wer nur hin und wieder diese gefährlichen Stellen zu meistern hat, kann auch „Schneeketten“ montieren (zum Beispiel von Yaktrax). Für matschigen Schnee eignen sich Schuhe mit gutem Profil (Trailschuhe oder neuwertige Straßenschuhe) und Schuhe mit einer Gore-Tex-Membran, wobei die auch nur so lange wirkt, bis der Schnee nicht von oben reinkommt. Wer schnell kalte Füße hat, sollte auf Socken mit Merinowolle achten, die auch den Knöchel bedecken.
Durch den holprigen Untergrund kann der Laufstil etwas angepasst werden: bei Neuschnee das Bein in der Hüfte höher ziehen und durch den Schnee „springen“, was an einen Kniehublauf erinnert. Bei festem, alten Schnee mehr über den Mittelfuß laufen, um eine schnellere Reaktionszeit zu gewährleisten, so dass ein Wegknicken oder Ausrutschen besser abgefangen werden kann. Wenn es ins Gelände gehen soll, unterstützen höhenverstellbare Stöcke aus leichtem Karbon mit großem Teller das Laufen. Zusätzlich können Gamaschen um die Knöchel geschnürt werden, so dass die Füße vor dem Schnee geschützt sind und nicht so schnell auskühlen.
Die Kleidung sollte sich am Zwiebelprinzip orientieren, angefangen mit dünnen Schichten, die angenehm auf der Haut liegen, gefolgt von einem Faserpelz oder Fleecegemisch bis hin zum Windstopper oder Primaloft. Die richtige Kopfbedeckung hält die Wärme im Körper, und Handschuhe lassen die Finger nicht gefrieren. Hier gilt das Motto: Probieren geht über Studieren und lieber nicht zu warm anziehen, da man sonst stärker schwitzt.
Laufanfängern ist beim Training im Schnee eher zur Vorsicht geraten, um Muskulatur und Sehnen (gerade die Achillessehne) nicht zu überfordern. Es empfiehlt sich ein einfaches Intervalltraining mit gleichmäßigen und kurzen Wechseln zwischen Walken und Jogging (zum Beispiel 10 x 1 Minute Walking/1 Minute Jogging). Wer im Sommer nicht immer nur auf Asphalt läuft, sondern ab und zu im Wald über Stock und Stein springt, kann sich so spielerisch auf den wechselnden Untergrund im Winter vorbereiten.
Um sich vor der kalten Luft zu schützen, kann ein Halstuch vor Mund und Nase getragen werden. Die Luft prallt somit nicht ungeschützt auf die oberen Luftwege. Ein Stoß Meerwassernasenspray vor dem Training befeuchtet die Nase und schützt vor dem Austrocknen. Wer eher zu einer laufenden Nase neigt, kann mit Vaseline oder einer ähnlichen Creme die Nase vor „Frostschäden“ präventiv versorgen. Diese Creme kann auch auf Wangen und Kinn aufgetragen werden, sollten die Temperaturen einmal tiefer als gewöhnlich sinken (-5 bis -10 °C).
Allgemein gilt, niemals zu verzweifeln, wenn es nicht so schnell vorwärts geht wie gewohnt und wenn man das Gefühl hat, nicht vom Fleck zu kommen. Das Training im Schnee ist ein Ganzkörperworkout mit großem Spaßfaktor. Und die Freude auf einen heißen Tee oder warme Schokolade nach dem Training steigt mit jeder Schneeflocke.
Anne-Marie Flammersfeld
Alter: 37
Wohnort: St. Moritz (Schweiz)
Sportliche Erfolge: Weltrekord im Speedrun Uphill am Kilimandscharo, 2012 Siegerin „Grand Slam“ von Racing The Planet, vier Wüsten à 250 km, 5. Platz Transalpine Run (8 Etappen, 260 km, 16.000 V+) u. a.
Abenteuer: Bottom Up Iran: 6.000 hm, 180 km in 5 Tagen Beruf: Ultraläuferin, alpiner Bergsport (Klettern, Eisklettern, Skitouren, Freeriding, MTB), Abenteurerin und Vortragsrednerin
Anne-Marie Flammerfeld unterstützt die „Paulchen Esperanza Stiftung“