
Zurück in die Laufschule
Die sogenannten „Running Drills“ verbessern die Laufökonomie und machen dich so zu einem schnelleren Läufer. Hier erfährst du, warum du unbedingt zurück in die Laufschule gehen solltest und welche Übungen perfekt für die Optimierung des Laufstils sind.
Laufen ist einfach? Denkste! Wer die Laufbewegung mal gezielt in seine Einzelteile zerlegt hat, wird sicherlich einige Schwierigkeiten bekommen haben. Denn bei „Skippings“, „Prellhopser“, „Anfersen“ und Co ist nicht nur Konzentration, sondern auch Koordination gefragt. Dabei solltest du regelmäßig in die Laufschule gehen: Die Ausführung eines „Lauf-ABC“ – auf Englisch auch als „Running Drills“ bezeichnet – verbessert die Laufökonomie und somit auch den eigenen Laufstil. Zwei bis dreimal 15 Minuten pro Woche reichen bereits aus, um einen spürbaren Effekt zu erzielen. Idealerweise führst du die „Running Drills“ vor schnellen und intensiven Einheiten aus. So schlägst du gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen bringt das kurze Aufwärmprogramm deinen Körper für die bevorstehende Belastung auf Betriebstemperatur, zum anderen werden Faszienspannung, Schnelligkeit, Frequenz und Koordinationsfähigkeit erhöht und geschult. Die anschließenden Intervalle oder die Tempo-Session dürftest du somit etwas weniger kräftezehrend laufen können. Apropos „kräftezehrend“: Die Lauf-ABC-Übungen sollten dich keineswegs ermüden!
Der Mythos 180
Im Gegensatz zum Gehen bewegt man sich beim Laufen mit Flugphasen fort. Das heißt, zeitweise berührt keines deiner Beine den Boden. Je schneller du läufst, desto länger wird auch die Flugphase. An dieser Stelle ein kleiner Exkurs zum Thema „Schrittfrequenz“: Im Ausdauersport gibt es immer wichtige Kriterien für die Bestimmung der Effizienz. Was beim Radfahren die Anzahl der Kurbelumdrehungen und beim Schwimmen die Anzahl der Armzüge ist, ist beim Laufen die Schrittfrequenz. Egal, ob du dich mit Hobbyläufern, Freizeitathleten oder Profi-Sportlern unterhältst – die ideale Anzahl der Schritte pro Minute lautet immer 180. Doch ist dieser Wert ein allgemeingültiger Gold-Standard? Keineswegs!
Denn wie bereits erwähnt, definiert sich die Laufbewegung über Flugphasen. Hierbei sind also beide deiner Füße gleichzeitig in der Luft – indem du ein Stück weit „fliegst“, kommst du wesentlich schneller und leichter vorwärts. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass während des Laufens also entweder ein oder kein Fuß den Boden berührt. Somit wird die Laufbewegung zur Aneinanderreihung von Einbeinständen und Flugphasen. Kleiner Tipp für alle Krafttraining-Junkies: Einbeinige Übungen im Gym sind aus diesem Grund auch besonders effektiv für Läufer!
Klar ist damit auch: Je schneller du läufst, desto kürzer wird die Einbeinstandphase und desto länger die Flugphase. Gehen und Laufen liegen also unterschiedlichen Bewegungszyklen zugrunde. Beim Laufen sind zudem die Stoßkräfte bei der Landung und beim Abdruck deutlich höher. Während des normalen Gangs wirken bei der Landung Stoßkräfte von bis zum 1,5-fachen deines Körpergewichts auf dich. Im Gegensatz dazu musst du während des Laufens das 2- bis 3-fache deines Körpergewichts bei der Landung kompensieren.
Kurze Schritte verbessern den Laufstil
Noch belastender ist jedoch der Abdruck. Denn hier federst du Stoßkräfte vom bis zum Fünffachen deines Körpergewichts pro Schritt ab. Erscheint es also dann nicht gesünder, wenn du diese Stoßkräfte auf viele schnelle, kurze Schritte als auf wenige, lange Schritte verteilst?
Der Vorteil liegt auf der Hand: Mit kurzen Schritten setzt du deine Füße fast schon automatisch unter deinem Körpermittelpunkt auf. Und so soll es auch sein – beim Laufen landest du idealerweise mit deinem Fuß genau senkrecht unter deinem Knie. Und dementsprechend auch auf deinem Mittelfuß. Wer hingegen wenige, lange Schritt macht, tendiert zum sogenannten „Overstriding“: Hierbei riskierst du nicht nur Verletzungen, du läufst auch weniger effizient. Denn Läufer, die zu große Schritte machen, rollen zwangsweise über die Ferse ab und bremsen somit ihre Laufgeschwindigkeit bei jedem Schritt, weil sie den Fuß förmlich in den Boden rammen. Diese Bremskraft ist natürlich eine enorme Belastung für deine Füße, Gelenke und vor allem auch für deine Knie. „Overstriding“ erhöht somit die Gefahr typischer Überlastungsschäden oder Verletzungen wie das gefürchtete Läuferknie.
Zum Glück kannst du diesen „Lauffehler“ recht schnell und unkompliziert korrigieren: Verkürze einfach deine Schrittlänge, um deinen Unterschenkel automatisch unter deinem Knie aufzusetzen. Statt über die Ferse abzurollen, landest du genau auf deinem Mittelfuß – so verbesserst du auch gleichzeitig deinen Laufstil.
Und hier kommt wieder die „180“ als ideale Frequenz ins Spiel: Studien zeigen, dass Topläufer mit einer Schrittfrequenz von 180 bis 190 laufen, während die meisten Hobbyläufer kaum mehr als 150 Schritte pro Minute zurücklegen. Dabei ist natürlich zu beachten, dass die Frequenz steigt, je schneller du läufst. Zudem haben größere Läufer eine niedrigere Schrittfrequenz als kleine Läufer. Der Idealwert von 180 Schritten pro Minute hält sich also zu Unrecht hartnäckig in der Laufszene: Die optimale Schrittfrequenz ist individuell und variiert von Läufer zu Läufer. Egal, ob 160, 175 oder gar 190 – die genaue Anzahl deiner Schritte wird nebensächlich, solange du deine Füße auf dem Mittelfuß unter deinem Körperlot aufsetzt. Trotzdem ist es sinnvoll, die eigene Frequenz im Blick zu haben. Sie gibt Auskunft über deine gesamte Laufökonomie.
Laufschule: Kreuzkoordination und Läuferdreieck
Wo wir schon bei einem „guten“ oder besser gesagt „effizienten“ Laufstil sind: Hast du in der letzten Zeit Lauf-Fotos aus einem Wettkampf von dir angeschaut? Ich persönlich finde an meinen Schnappschüssen immer etwas, was mir nicht gefällt. Meistens mein durchaus erschöpfter Blick – und das obwohl ich den Fotografen immer frühzeitig entdecke und einen ordentlichen Gesichtsausdruck aufsetzen könnte. Oft ist es aber auch die Körperhaltung: Mal scheint eine Körperhälfte abzuknicken, mal laufe ich mit einem extremen Hohlkreuz. Schaut man sich jedoch seine Mitläufer an, erkennt man auch häufig die „sitzende“ Position: Hier ist die Hüfte der Person stark abgesenkt – von der Seite sieht der Läufer aus, als säße er.
Die Hüfte effizienter Läufer knickt jedoch nicht nach hinten ab, sondern schiebt sich leicht nach vorn. So, als wolle man den Reißverschluss einer Hose schließen. Hierbei werden die Knie geschont, weil man in der Stützphase – als die Phase in der Laufbewegung, in der ein Fuß komplett auf dem Boden steht – nicht ganz so tief in die Hocke geht, aus der man sich bei jedem Schritt natürlich auch wieder hochwuchten muss.
Viele Läufer vergessen jedoch auch ein weiteres wichtiges Element der Laufbewegung: den Armschwung. Da die Schwungfrequenz der Arme die der Beine beeinflusst, spricht man hierbei von Kreuzkoordination. Du kannst sogar das Tempo steigern, wenn du deine Arme beim Laufen schneller bewegst. Hier spielt das sogenannte „Läuferdreieck“ eine wesentliche Rolle: Der ideale Winkel zwischen Ober- und Unterarm beträgt 90 Grad – beim Armschwung nach hinten bilden der Winkel und dein Oberkörper dieses „Läuferdreieck“.
Zu guter Letzt ist auch der Kniehub in der vorderen und das Anfersen in der hinteren Schwungphase ein weiteres Merkmal einer effektiven Lauftechnik. Am Ende der Kniehubphase beginnt das Vorschwingen des Unterschenkels. Das Kniegelenk wird vor dem Fußaufsatz gebeugt, der Unterschenkel schwingt etwas nach hinten und setzt möglichst nahe unter dem Körperschwerpunkt auf. Damit verhinderst du zugleich eine Landung auf der Ferse bei gestrecktem Bein – die starke Stoßbelastung wird vermieden. (Text von Robin Siegert)