Volle Energie – Kohlenhydrate

Kaum ein Nahrungsbestandteil wird so häufig diskutiert wie die Kohlenhydrate. Ob Carbo-Loading, Saltin-Diät oder Low-Carb, es gibt viele Ernährungskonzepte, die sich mit den Energiebringern beschäftigen.

TEXT: Kea Müttel

Vor einem Marathonlauf ist sie schon fast obligatorisch: die Pasta-Party. Ob im Freundeskreis, mit der Laufgruppe oder öffentlich organisiert, die Teilnehmer treffen sich am Abend vor dem Lauf, um gemeinsam Pasta zu essen. Und das nicht nur, um sich psychisch auf den Lauf einzustellen und die Anspannung abzusenken, sondern vor allem, um den Kohlenhydratspei- cher aufzufüllen (auch Carbo-Loading genannt). „Kohlenhydrate sind grundsätzlich ein wich- tiger Bestandteil in unserer Ernährung. Beson- ders für Sportler und in der aktiven Phase, also während des Wettkampfs. Bei längeren Strecken können uns die Kohlenhydrate unter- stützen“, erklärt aktiv Laufen-Expertin Ingalena Schömburg-Heuck. „Vor dem Wettkampf sind diese unbedingt zu empfehlen. Wir sind leis- tungsfähiger, egal, welche Streckenlänge wir zurücklegen – ob zehn Kilometer, Marathon oder einen Ultralauf. Da sind Kohlenhydrate unsere wichtigste Energiequelle. Natürlich ist es auch so, dass die Ernährung immer wichtiger wird, je länger ein Lauf ist.“

Neben der Ernährung unmittelbar vor dem Lauf, geht es auch während der Wettkämpfe weiter mit der Kohlenhydrataufname. Bei fast jeder längeren Laufveranstaltung gibt es sie: die Verpflegungsstationen. Und dortauch nahezu immer anzufinden: die Bananen, die einen hohen Kohlenhydratanteil haben. Denn ohne genügend Kohlenhydrate droht der sogenannte „Hungerast“ (Fachsprache: Hypoglykämie). Der Blutzuckergehalt fällt, die Leistungsfä- higkeit ebenso. Und selbst wenn nun sofort Lebensmittel mit einem hohen glykämischen Index – das heißt, dass sie vom Körper direkt in Energie umgewandelt werden können (häufig kurzkettige Kohlenhydrate, d.h. Einfachzucker und Zweifachzucker – in der Fachsprache auch Mono- und Disaccharide genannt, wie zum Beispiel Traubenzucker) – aufgenommen werden, dauert es etwas, bis der Normalzustand wieder hergestellt werden kann.

Auch direkt nach dem Laufen sollten die Läu- fer ihren Kohlenhydratspeicher sofort wieder auffüllen. „Besonders nach einem intensiven oder langen Training und in Phasen mit einer hohen Trainingsbelastung sind Kohlenhydrate unmittelbar nach dem Training zu empfehlen, da die Energiespeicher dann schneller und besser wieder aufgefüllt werden und wir für die nächste Einheit schneller wieder fit sind“, erklärt Ingalena Schömburg-Heuck. „Die Empfehlung lautet dann 1g Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht innerhalb der ersten Stunde nach dem Training. Sinnvoll sind dann fertige Regenerationsgetränke, roter Traubensaft, eine Laugenbrezel oder auch eine Portion Milchreis.“

LOW CARB UND SALTIN-DIÄT

Vor und während des Wettkampfes sowie nach dem Laufen sind Kohlenhydrate also essentiell. So essentiell, dass es verschiedene, genau darauf zugeschnittene Trainingsmöglichkeiten gibt. Normalerweise essen viele Läufer vor dem Training kohlenhydratreiche Kost, um während des Laufens genug Energie zur Verfügung zu haben. Es gibt aber auch die Möglichkeit, der Kohlenhydratreduktion (auch als „Low Carb“ bekannt), die laut Ingalena Schömburg- Heuck „auch eine positive Wirkung auf unsere Leistung haben kann“. Bei dieser Methode essen die Läufer am Vorabend eines langen Laufes wenig oder gar keine Kohlenhydrate und trainieren morgens im Grundlagenaus- dauerbereich unmittelbar ohne Frühstück. So kann der Läufer „einen stärkeren Reiz auf den sogenannten Fettstoffwechsel erzielen, weil der Körper eben wenig frei verfügbare Kohlenhydrate zur Verfügung hat.“, so Schömburg -Heuck. „Der Körper hat die Kohlenhydrate nicht unmittelbar zur Verfügung und greift deshalb stärker auf die Fette zurück“.

Damit trainiert der Körper also, im entscheidenden Wettkampf länger ohne Kohlenhydrate auszukommen. Das ist dahingehend sinnvoll, als dass die Läufer bei langen Strecken oft irgendwann das Problem haben, nicht genügend Kohlenhydrate zu sich nehmen zu können – trotz Verpflegungsstationen, Bananen und Gels. Diese Form von Kohlenhydratreduzierung ist allerdings nur für Strecken ab der Marathonlänge sinnvoll. Bei den kürzeren Distanzen ist der Effekt kaum bis gar nicht vorhanden.

Neben der „Low-Carb“-Variante und dem „Carbo-Loading“ in Form von vermehrter Kohlenhydratzufuhr vor dem Wettkampf, ist auch die Saltin-Diät – die extreme Form des Carbo-Loadings – unter Läufern eine beliebte Methode. Bei dieser verzichten die Athleten mehrere Tage bei weiter anhaltendem Training ganz auf Kohlenhydrate, um dann durch extreme Kohlenhydratzufuhr die letzten drei Tage vor dem Wettkampf die Speicher besonders stark aufzufül- len und so eine größere Wirkung zu erzielen. Dies macht jedoch nur bei einer Belastungsdauer ab 2,5 Stunden Sinn.

GUT FÜR DAS IMMUNSYSTEM

„Im normalen Trainings- und Arbeitsalltag helfen uns langkettige Kohlenhydrate auch die geistige Leistungsfähigkeit aufrecht zu erhalten“, so Ingalena Schömburg- Heuck. Als langkettige Kohlenhydrate bezeichnet man Mehrfachzucker, fachsprachlich auch Oligosaccharide genannt. Dieser ist zum Beispiel in Vollkornprodukten und Haferflocken vorhanden. Diese Lebensmittel haben in der Regel einen niedrigen glykämischen Index. Das heißt, dass die Produkte vom Körper langsamer verarbeitet werden und damit länger für Energie sorgen.

Aber nicht nur die Leistung steigt durch die richtige Ernährung: „Die Kohlenhydrate stabilisieren zudem auch das Immunsystem“, erklärt die Expertin eine weitere, wichtige Eigenschaft.

Und neben allen praktischen Tipps stellt sie klar: „Für mich darf ein Sportler auch mal Schokolade essen!“ Und auch darin sind ja immer noch Kohlenhydrate.

Ihre Expertin:

INGALENA SCHÖMBURG-HEUCK

Alter: 29
Wohnort: München
Beruf: Die aktiv Laufen-Expertin auf den Gebieten Training und Ernährung ist Diplom-Sportwissenschaftlerin und Ernährungs- beraterin. Sie gibt ihre Erfahrungen mit dem Leistungssport (Deutsche Meisterin im Halbmarathon, 2010) sowie ihre Erkenntnisse in Vorträgen, Seminaren, Blogs und Personal-Training-Stunden weiter.

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