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Zwischen den Schritten

Energieverschwendung oder gut investierte Kraft? Unsere Laufschritte bringen uns nicht nur vorwärts, sondern auch auf und ab. Seit Sportuhren anzeigen können, wie groß diese Amplitude ist, wird nicht nur im Profisport diskutiert, wie viel vertikale Bewegung effizient ist.

Wer die Laufszene Mitte der 2000er verfolgt hat, könnte beim Namen Jule Aßmann in gelangweiltes Schnauben verfallen. Das als Laufwunder durch alle Medien geschleuste Mädchen erstaunte oder besser schockierte damals gestandene Sportler und Experten, als sie mit knapp 13 Jahren an öffentlichen Marathons teilnahm und etlichen Männern im besten Laufalter die Fersen zeigte. Die junge Dame aus dem Ruhrgebiet war lange Zeit Dauergast an der Sporthochschule Köln, wo man ihrer unglaublichen Ausdauerleistung auf die Schliche kommen wollte. Neben einem Herz-Lungensystem, das ihren Altersgenossen weit voraus war, legte man sich schnell auf ihren Laufstil als das Geheimnis des Erfolges fest.

Selbst Nichtwissenschaftlern fielen ihre „geschmeidigen“ Schritte auf, im Labor stellte man fest, dass sie es völlig unbewusst schaffte, nahezu keine vertikale Bewegung auszuführen. Von der Seite betrachtet blieben also ihr Kopf und Rumpf auf einer Linie parallel zum Boden.

Oberer und unterer Totpunkt

Als „vertical movement“ oder „vertikale Oszillation“ messen und berechnen die Topmodelle der aktuellen Pulsuhren-Generation genau die eben in Verbindung mit Jule Aßmann erwähnte Linie, die der Rumpf – nicht die Füße – beim Laufen beschreibt. Bildlich kann man sich das so vorstellen, als würde der Athlet oder die Athletin mit einer punktuellen Lichtquelle zur Seite ausgestattet und liefe so durch eine empfindliche Kamera mit langer Belichtungszeit. Die „Schlieren“, die das Licht zieht, ergeben eine Welle, deren jeweils höchster und tiefster Punkt bzw. der Weg dazwischen ist die vertikale Bewegung bei einem Schritt. Bewegungen nach oben und unten sind aber nicht vortriebswirksam: Die aufgewendete Energie bringt einen also nicht voran. Stattdessen raubt das Anheben vom Körper wertvolle Körner.

In Foren und sogar älteren Publikationen ist deshalb oft vom Wunsch oder Ziel die Rede, die Oszillation durch den Laufstil zu eliminieren. Das ist so aber noch keinem erfolgreichen Läufer gelungen, sogar das Laufwunder Aßmann war nur nah dran. Nach neueren Untersuchungen ist die Vertikalbewegung bei Topläufern sogar größer als bei Hobbysportlern. Frage: Wie kommt es zum Auf und Ab und bringt der Energie-Invest etwas oder nicht?

Vertikale Bewegung ausschalten?

Sehr anschaulich wird das anhand des „curved“ Laufbandes, bei dem eben jene vertikale Bewegung ausgeschaltet wird, indem der Untergrund beim Ausgreifen und Abdrücken höher liegt als in der Stützphase. Hier bewegen sich die Füße auf einer leichten Kreisbahn, in Natura gibt es die nicht. Sind die Beine auf flachen Boden nach vorne oder hinten weggestreckt, entfernen sie sich auch weiter vom Boden. Diese Entfernung lässt sich recht leicht messen, indem man vom Bauchnabel senkrecht die Strecke zum Boden ermittelt, einmal geradestehend und einmal in einem Ausfallschritt mit gestreckten Beinen, der etwa einer guten Schrittlänge beim Laufen entspricht. Diese Strecke „fällt“ man vereinfacht gesagt nach unten, wenn man einen Schritt nach vorne setzt.

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Während vor allem der Po-Muskel nun das Bein nach hinten zieht, sorgt der vordere Oberschenkel dafür, dass der Schwerpunkt angehoben wird. Hier könnte man bewusst den Laufstil so verändern, dass der Rumpf den Abstand zum Boden beibehält, die Pulsuhr also Null „vertical movement“ zeigt. Das hätte aber zum einen zur Folge, dass das Stützbein sehr gebeugt bleibt und damit kaum weniger Power verbraucht als beim Anheben. Zudem braucht der gesamte Körper eine gewisse Höhe, um die Flugphase zu entwickeln. Wenn man einen Ball mit gleicher Kraft über eine Ebene wirft oder einen Berg hinunter, fliegt letzterer weiter, weil er mehr Zeit hat, Strecke zu machen, ehe er am Boden aufschlägt. Genauso verlängern die sechs bis zehn Zentimeter, die man den Körper in der Stützphase anhebt, den Schritt nach vorne um mehr oder weniger deutlich mehr Zentimeter.

Schwung-„Maße“

Die vertikale Bewegung bezieht sich auf den Rumpf. Nun sitzen die Pulsuhren aber am Handgelenk und erfahren zusätzlich die Auf- und Abbewegungen der Arme. Es gibt zwar Zusatzsensoren wie den „Coros Pod“ oder „Running Dynamics Pod“ von Garmin, die am Hosenbund getragen ihre Daten an die Uhr übertragen. Wie aber kommen Fitnessuhren auch ohne Zusatzmodule an realistische und verlässliche Werte?

Fabian Danner, Produktmanager bei Garmin, erklärt das durch die Subtraktion von Bewegungsmustern. Die Beschleunigungssensoren in der Uhr erkennen den Bogen, auf dem der Arm hin und her schwinge und rechne den aus der Gesamtbewegung heraus, genau wie auch bei der Bodenkontaktzeit. Das funktioniere ziemlich genau bei gleichförmiger Lauftechnik ohne Variationen. Im Gebirge oder auf Trails machten die Arme aber recht viele Ausgleichsbewegungen, so Danner. Für ambitionierte Läufer empfiehlt er deshalb Extrasensoren am Körper. Nach Puls- und GPS-Werten seien die Raumsensoren übrigens mit die gefragtesten Werte, wobei es bei Leistungssportlern eher um die Laufeffizienz gehe, bei Hobbysportlern eher um den Gesundheitsaspekt. (Text: Timo Dillenberger)

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