Lauftechnik
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Der richtige Fußaufsatz

Gerade bei der Lauftechnik scheiden sich die Geister und unterscheiden sich die Vor- von Mittelfuß- und Fersenläufern. Gibt es ein Richtig und Falsch? Oder ist es schlicht eine Frage der Gene? Unser Experte klärt auf.

Beim Thema Lauftechnik geht es diesmal primär darum, wie der Fuß beim Laufen auf dem Boden aufsetzt. Es gibt ein Video, das den ehemaligen äthiopischen Spitzenläufer Haile Gebrselassie beim Laufen zeigt. Dabei werden an Oberschenkel, Arme und Rumpf Linien und Winkel angelegt, die zeigen, dass der Langstreckler alles, aber auch alles richtig macht. Am meisten beeindrucken Gebrselassies Beine, die in ihrer Bewegung derart fließen, dass es wirkt, als habe der Äthiopier Räder unter seinen Hüften. Auch Studien aktueller Weltklasseläufer wie Eliud Kipchoge zeigen, dass neben Körperbau, Gewicht und Trainingsfleiß die Technik den Unterschied macht.

Drei verschiedene Lauftechniken

Vereinfacht gesagt, vergeudet ein Spitzenläufer keine Energie beim Laufen, während Hobbysportler bei jedem Schritt einen Großteil ihrer Kraft dafür aufwenden, aus einer stehenden Position wieder ins Laufen zu kommen. Grundsätzlich unterscheiden wir drei verschiedene Lauftechniken: Vorfuß-, Mittelfuß- und Fersenlauf. Wie wir laufen, hat immer auch etwas mit der individuellen Körperstatik, aber auch mit der Beweglichkeit und der Koordination zu tun. Wer wie läuft, wird schon im Kindesalter bestimmt. Kinder, die viel barfuß unterwegs sein dürfen, behalten eher den natürlichen Gang über die Fußballen als solche, die früh in Schuhe gesteckt werden und somit fast zwangsläufig zu Fersenläufern werden. Dadurch lernen unsere Wohlstands-Füße nicht, auf Unebenheiten zu reagieren und den Körper sicher durchs Gelände zu tragen.

Wer jetzt sagt, dass es kein Problem sei, seine Lauftechnik kurzerhand umzustellen, der irrt. Auch wenn es heute Barfußschuhe oder Laufsandalen gibt, ist dies allein nicht der Schlüssel zur optimalen Lauftechnik. Wer jahrelang seinen Laufstil beibehalten hat, dem sei gesagt, dass eine Umstellung auf den optimalen Laufstil ein lang anhaltendes Projekt darstellt. Nicht jeder Läufer ist grundsätzlich für jeden Laufstil geeignet. Deshalb sollten Sie Ihren Laufstil kennen, aber nicht krampfhaft versuchen, diesen umzustellen, sondern beibehalten und bestmöglich optimieren. Im Folgenden wollen wir Ihnen die drei Laufstile vorstellen und Vor- bzw. Nachteile erläutern.

Vorfußlauf – Stil der Profis

Der Vorfußlauf gilt als ein sehr natürlicher Laufstil. Wer barfuß läuft, setzt fast zwangsläufig mit dem Vor- bzw. dem Mittelfuß auf, denn unter der Ferse besitzt der Fuß so gut wie überhaupt kein Fettpolster, während der Fußballen optimal ist, um auch mit schwierigen Bodenverhältnissen umzugehen. Überwiegend angewendet wird der Laufstil von professionellen Läufern auf kurzen Distanzen. Zu den Kurzdistanzen zählen Läufe bis 400 Meter, welche auch als Sprintdistanz bezeichnet werden. Dort setzt man schon wegen der nach vorne gebeugten Laufhaltung mit dem Vorfuß auf. Doch auch professionelle Langstreckler laufen in der Regel über den Vor- bzw. Mittelfuß, Amateure hingegen eher nicht, denn die Voraussetzung für diesen Laufstil ist eine sehr gute Athletik.

Mittelfußlauf

Aufgrund dessen gilt der Mittelfußlauf oftmals als der perfekte Mittelweg: Wichtig zu wissen ist, dass man beim Laufen nicht einfach mittig mit dem Fuß auf den Boden patscht. Der Fuß wird nah vor dem Körperschwerpunkt aufgesetzt. Hierdurch kommt es bei der anschließenden Abdruckphase zu einem geraden Rücken. Arme und Beine sorgen hierbei für einen kräftigen Abdruck bzw. geben den notwendigen Schwung zum Vortrieb. Idealerweise schwingt das Bein bodenparallel und bildet einen 90-Grad-Winkel zum Knie. Wer einmal seinen Mittelfußlauf aufgezeichnet hat, wird sehen, dass dieser aus vier Phasen (Aufsatz, Stütz-, Abdruck und Schwungphase) besteht. Allein deshalb ist das Erlernen dieser Lauftechnik eher länger- als kurzfristig.

Fersenlauf = Ineffizientester Stil

Die normale Gehbewegung über die Ferse ist uns allen bekannt und wird beim Laufen leider viel zu oft beibehalten. Gerade Einsteiger laufen „über die Ferse“. Der Fußaufsatz liegt deutlich vor dem eigenen Körperschwerpunkt, die Gewichtsbelastung liegt vor allem auf den Knien. Umgangssprachlich wird dieser Laufstil auch als sitzender Laufstil bezeichnet. Die Schritte sind kürzer und weniger kraftvoll. Noch gravierender sind jedoch die negativen Auswirkungen in den Phasen des Abdrucks bzw. des Schwungs.

Hier hat der Läufer eine deutlich geringere Hüftstreckung, was zur Folge hat, dass die Laufgeschwindigkeit und damit einhergehend die Flugphase verringert wird. Insgesamt muss bei dieser Lauftechnik bei jedem Schritt deutlich mehr Energie aufgebracht werden als bei den anderen beiden Lauftechniken. Auch sind wir insgesamt verletzungsanfälliger.

Doch bevor Sie sich als Fersenläufer unnötige Gedanken machen oder gar abrupt ihre Lauftechnik umstellen wollen, lesen Sie zuerst das Fazit und die abschließenden Empfehlungen. Des Weiteren können Sie unsere(n) Experten auch bei zusätzlichen Fragen anschreiben über: aktiv-laufen@rfw-koeln.de

Fazit

Es sind nicht (nur) die Gene, die einen guten Läufer ausmachen. Eine gute Lauftechnik lässt sich jedoch zu jedem Zeitpunkt erlernen. Wer sich mit viel Fleiß und Geduld regelmäßigem Technik- und Athletik-Training hingibt, wird es schaffen, seinen Laufstil zu verbessern, umzustellen oder zu perfektionieren. Probieren Sie es am besten gleich mal beim nächsten Training auf der Tartanbahn oder einer Wiese aus.

Lauftechnik-Training in Form von Lauf-ABC macht nicht nur Spaß, sondern ist mindestens genauso anstrengend wie ein gutes Fahrtspiel oder ein kurzes Intervalltraining. Sie werden spätestens am nächsten Tag Muskeln spüren, welche Sie zuvor nur eher selten gespürt haben. Wer nun überlegt, seine Lauftechnik umzustellen, dem kann ich nur empfehlen: Lassen Sie sich trotz allem Zeit und am besten von einem geschulten und erfahrenen Trainer begleiten. Außerdem sollte die Lauftechnik zu Ihnen und Ihren Zielen passen, denn nicht für jeden Läufer bzw. jede Läuferin eignet sich jede Lauftechnik gleich gut.

Wer einfach nur laufen möchte und nicht stets auf der Jagd nach einer neuen Bestzeit ist, kann sicherlich auch einfach nur laufen und die Lauftechnik Lauftechnik sein lassen. Manchmal ist weniger bekanntlich mehr und letztendlich wollen wir alle doch einfach nur laufen. Auch wenn wir uns durch teils schlechte Lauftechnik bei jedem Schritt selbst ausbremsen. Für alle anderen eignet sich eine Laufstil-Videoanalyse, die Sie mit einfachen Mitteln und einem Partner bereits mit wenig Aufwand selbst durchführen können. Viel Spaß beim Laufen!

Fersenlauf

+ Vorteile:

• Schnelles Erlernen der Koordination zwischen Armen und Beinen

– Nachteile:

• Unökonomisch – Kraft und Energie werden nicht optimal ausgenutzt

• Langsamer Laufstil

• Fußaufsatz deutlich vor

Mittelfuß

+ Vorteile:

• Fußaufsatz nahe am Körperschwerpunkt

• Bewegungsenergie wird optimal genutzt

• Kurze Bodenkontaktzeit, lange Flugphase

• Lässt sich mit regelmäßigem Lauf-ABC erlernen

• Eignet sich für längere Laufstrecken

– Nachteile:

• Setzt regelmäßiges Technik- und Athletik-Training voraus

• Umsetzbar erst ab einer Pace von ca. 5 min/km

• Umstellung dauert lange und setzt eine sehr gute Athletik voraus

Vorfuß

+ Vorteile:

• Fußaufsatz nahe am Körperschwerpunkt

• Bewegungsenergie wird optimal genutzt

• Kurze Bodenkontaktzeit, lange Flugphase

• Muskeln und Bänder federn die Aufprall-Energie ab

– Nachteile:

• Eignet sich „nur“ für kürzere Strecken oder Steigungen

• Höhere Gefahr von Überlastung der Muskulatur und der Sehnen

• Umstellung dauert lange und setzt

Text: Helmut Bezani

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