Foto: Getty Images

Der schnellste Schnäuzer Amerikas

Amerikas größter Star der Mittel- und Langstreckenlaufszene starb vor mehr als vierzig Jahren. Doch Steve Prefontaine ist immer noch ein Idol. Eine goldene Statue mit Schnäuzer und langen Haaren in Beaverton nahe Portland erinnert an einen Mann, der Mitte der 1970er-Jahre mit 24 Jahren ums Leben kam. Eine weitere große Statue wurde in seinem Heimatort Coos Bay in der Ortsmitte neben dem Besucher-Informations-Center errichtet. Ebenfalls im US-Bundesstaat Oregon, am Rand einer Straße in Eugene, dem Ort, an dem sein Leben durch einen Autounfall abrupt beendet wurde, legen Menschen noch über 40 Jahre nach seinem Tod Blumen ab. Dabei tragen nicht wenige ein T-Shirt mit dem Konterfei des Amerikaners. Derjenige, der kein Shirt trägt, hat sich womöglich einen seiner Sprüche unter die Haut gestochen.

Wer jetzt alle Rockstars der Westküste Amerikas im Kopf durchgeht, die ein zu frühes Ende gefunden haben, ist erst einmal auf der falschen Fährte. Denn singen konnte Steve Prefontaine nicht besonders gut. Zumindest ist darüber nichts bekannt. Doch ein Rockstar war und ist der Mann, den alle „Pre“ nannten, dennoch – ein Rockstar des Sports.

Oder auch anders gesagt, Amerikas größte Lauflegende. Der Mann, der neben den eingangs erwähnten Charakteristika – Schnäuzer und lange, wehende Haare – das gelbe Trikot des Sportteams seiner Universität Oregon trug. Als Mitglied der „Oregon Ducks“ hielt er zum Zeitpunkt seines Todes jeden amerikanischen Rekord zwischen 2.000 und 10.000 Metern sowie zwischen zwei und sechs Meilen. Dazu kamen noch einmal acht College-Rekorde. Jener über drei und sechs Meilen steht immer noch.

KAMPF FÜR GERECHTIGKEIT

Doch nicht nur sportlich, auch menschlich war er eine herausragende Persönlichkeit, betonen die „Oregon Ducks“ in ihrer digitalen Hall of Fame im Internet. Schließlich habe er sich immer gegen Ungerechtigkeit ausgesprochen, besonders wenn es um die Behandlung der Amateur-Athleten durch Offizielle der amerikanischen Leichtathletik ging. Zudem gründete er am Oregon State-Gefängnis mit mehreren Insassen einen Laufclub.

Mit seiner aggressiven Laufhaltung und dem unbedingten Siegeswillen trug er in seiner Heimat Anfang der 1970er-Jahre zu einem Lauf-Boom bei. Im Jahr 1972 erschien er auch auf Fernsehern in Wohnzimmern von Menschen, die sich vielleicht noch nicht eingehend mit der amerikanischen Läuferszene beschäftigt hatten. Es standen die Olympischen Spiele in München an, und der Athlet aus Oregon ging über 5.000 Meter an den Start. Mit 21 Jahren war er mindestens zwei Jahre jünger als alle anderen im Rennen und ging es dennoch forscher an als sie alle. Erst 600 Meter vor dem Ziel musste er die Führung abgeben und wurde Vierter (13:28,25 Minuten) hinter Goldmedaillensieger Lasse Virén aus Finnland (13:26,42 Minuten), dem Tunesier Mohamed Gammoudi und dem Briten Ian Stewart, der Prefontaine wenige Meter vorm Ziel einholte. Auf den Rängen saßen die Eltern Ray und Elfriede Prefontaine. Wie der Vorname der Mutter schon erahnen lässt, ist die Teilnahme an den Spielen in München nicht Prefontaines einzige Verbindung zu Deutschland. Vater Ray lernte seine deutsche Frau in seiner Zeit als US-Soldat in Deutschland kennen.

Nach der hervorragenden Olympia-Premiere des jungen Sportlers war dann eine Medaille in Montreal 1976 das große Ziel. Auf dem Weg dorthin unterzeichnete er 1974 als erster Athlet einen Vertrag über 5.000 Dollar mit einer kleinen aufstrebendem Sportschuh-Firma aus „Pres“ Heimat Oregon, die den Namen Nike trug … Diese Verbindung erklärt auch die eingangs erwähnte Statue. Denn es mag zwar auch interessant sein, dass die Stadt Beaverton ihren Namen einst aufgrund der vielen von Bibern gebauten Dämme erhielt. Doch bekannter ist Beaverton mittlerweile als Hauptsitz der Firma Nike.

TRAGISCHER TOD

Der 30. Mai 1975 war dann zunächst wie gewohnt ein erfolgreicher Tag im Leben Prefontaines. In seinem Heimstadion Hayward Field gewann er über 5.000 Meter. Ein paar Stunden danach stieg er in seinen MGB-Sportwagen und fuhr unweit des Stadions gegen eine Steinwand. Seit diesem tragischen Tod finden Ende Mai im Hayward Field jährlich die „Prefontaine Classic“ statt. Und wer sich in Eugene in den Alton Baker Park begibt, findet dort natürlich noch den „Steve Prefontaine Memorial Jogging Trail“ – ein 4,07 Meilen langer „Running and Walking Trail“, eine Holzhackschnitzelbahn mitten im Wald. Mit dieser erfüllte sich „Pres“ Vorstellung von einer Art Trail, wie er sie so ähnlich durch Besuche in den Wäldern Skandinaviens kannte. Er hatte gehofft, dank solch eines Trails besser trainieren zu können und auch andere Menschen zum Laufen zu animieren und so etwas für ihre Gesundheit zu tun. Nach seinem Tod begannen noch im Herbst des Jahres 1975 die Arbeiten an „seinem“ Trail – zu Ehren des Rekordmanns. Für den Rockstar der Laufszene sicherlich ein noch passenderer Tribut als jede noch so große Statue.

Text: Kerstin Börß

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