HIIT-Training für Läufer
Stärker, fitter, schneller: High-Intensity-Interval, kurz HIIT-Training, verspricht mit wenig Zeitaufwand den größtmöglichen Erfolg. Klingt gut, aber: Funktioniert das auch?
Piep. 20, 19, 18 … der Countdown zählt herunter. Zehn Sekunden Pause. Eine Pause, die viel zu schnell vergeht. Piep. Schon geht es wieder los. 20 Sekunden Vollgas. Alles, was der Körper hergibt. Der Puls schnellt in die Höhe, die Beine brennen, Sekunden werden zu Minuten. Belastung, Pause, Belastung, Pause – vier ewig lange Minuten geht das Spiel so weiter. Eine kurze Zeit möchte man meinen, doch die 240 Sekunden haben es in sich. Am Ende fließt nicht nur der Schweiß in Strömen, sondern auch die Endorphine. Geschafft.
Glücksgefühle machen sich breit. Es ist die Belohnung für die Schinderei der vergangenen Minuten. Tabata nennt sich diese Form des High-Intensity-Interval-Trainings. Wie der Name High Intensity schon verrät, handelt es sich dabei um ein hochintensives Training, das Läufern nicht nur alles abverlangt, sondern auch Erfolge verspricht. Die Kennzeichen von HIIT sind – wie bei anderen Formen des Intervalltrainings auch – intensive Belastungsphasen, die von Erholungseinheiten unterbrochen werden.
Das wichtigstes Merkmal
In der Kürze liegt die Würze. So folgen beispielsweise, wie eingangs beschrieben, auf 20 Sekunden Belastung nur zehn Sekunden Erholung für ein Training mit der Gesamtzeit von lediglich vier Minuten. Doch wie effizient ist HIIT wirklich, und für wen ist es geeignet? In der Kürze liegt die Würze Ein Vorteil von HIIT liegt in der kurzen Dauer.
Gerade für Läufer, die mit geringem Aufwand den größtmöglichen Erfolg erzielen wollen, kann HIIT eine Alternative zum klassischen Intervalltraining sein. Nicht umsonst gibt es den Spruch „Wer schnell laufen will, muss schnell laufen können“. Also sollten Sie gelegentlich außerhalb Ihrer Komfortzone trainieren. Die Betonung liegt auf gelegentlich, denn auch hier gilt der Grundsatz: „Viel hilft nicht immer viel.“ Insbesondere Anfänger sollten ihrem Körper Zeit geben, sich an die hochintensive Belastung zu gewöhnen.
Schon ein kurzes Training von 15 bis 20 Minuten (inklusive Warm-up und Cool-down) reicht aus, um für den Körper einen Reiz zu setzen. Nur so profitiert die eigene Fitness. Damit es zu keinen Verletzungen kommt, brauchen Bänder und Sehnen Zeit, um sich anzupassen. Gerade bei Sprints müssen Gelenke – vor allem das Knie – etwa das Vierfache des Körpergewichts aushalten. Daher heißt es: bei auftretenden Schmerzen sofort runter vom Gas.
HIIT kann die Laufökonomie verbessern
HIIT ist nicht neu, und somit gibt es zahlreiche Untersuchungen dazu, wie sich diese Form des Intervalltrainings auf die körperliche Leistungsfähigkeit auswirkt. In einer Metastudie des Sportwissenschaftlers Billy Sperlich von der Universität Würzburg wurde gezeigt, welchen Effekt HIIT auf die Laufökonomie hat. In insgesamt 46 Studien wurden fünf Trainingsmethoden zusammengefasst und hinsichtlich ihres Nutzens auf das Lauftraining analysiert.
Die Ergebnisse klingen vielversprechend: Über einen Testzeitraum von vier bis zehn Wochen konnten die Probanden ihre Laufökonomie um ein bis acht Prozent steigern. Hierbei muss allerdings nach der Dauer der Intervalle differenziert werden. Bei einer näheren Analyse der Studienergebnisse wird deutlich, dass die Laufökonomie von der Länge und Intensität des HIIT abhängig ist. Sehr kurze Intervalle von nur 15 Sekunden zeigten keinen oder nur einen sehr geringen Nutzen, wohingegen längere Intervalle eine Verbesserung von drei Prozent ergaben.
Die Studienautoren betonen hierbei jedoch den möglichen Einfluss eines geringeren Trainingsumfangs bei den Probanden mit sehr kurzen Intervallen. Die höchste Verbesserung der Laufökonomie wurde bei einer Intensität von etwa 90 bis 100 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) und einer Intervalldauer von drei bis vier Minuten über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen erzielt. Sperlich und seine Mitarbeiter betonen ausdrücklich: In allen Versuchsgruppen wurde das Grundlagentraining weiterhin durchgeführt.
Es ist also fraglich, ob der Leistungszuwachs ausschließlich dem HIIT oder vielmehr einer Kombination aus beiden Trainingsmethoden zuzuschreiben ist.
Vorsicht ist geboten
Positive Effekte gibt es, das steht fest. Doch HIIT fordert nicht nur das Herz-Kreislauf- System, auch Gelenke, Bänder und Sehnen werden erheblich beansprucht. Demzufolge kann HIIT dem Körper auch schaden. In einer Studie, die im Fachmagazin „Journal of Sports Medicine and Physical Fitness“ erschienen ist, zeigten Forscher, dass HIIT zwar generell positive Effekte auf die Fitness hat, aber das Verletzungsrisiko für Knie- und Sprunggelenke und die besonders beanspruchten Muskelgruppen gleichzeitig steigt.
Laut dem Studienautor Joseph Ippolito verfügen viele Sportler, insbesondere Anfänger, nicht über die notwendige Flexibilität, Beweglichkeit und Muskulatur, um die Übungen richtig ausführen zu können. Eine schlechte Form, mangelnde Regeneration nach dem Training und die damit verbundene Überbeanspruchung der Muskulatur seien die Hauptgründe für Verletzungen.
„Die Dosis macht das Gift“, lautet ein Sprichwort. Damit auch bei erfahrenen Sportlern die positiven Effekte überwiegen und Verletzungen ausbleiben, sollte man sich an der 80:20-Regel orientieren. Demnach sollten Sie lediglich 20 Prozent Ihrer wöchentlichen Trainingszeit in hochintensive Einheiten investieren. Der überwiegende Teil – also 80 Prozent – sollte im niedrigen Pulsbereich stattfinden. Beachtet man diese Grundvoraussetzungen, wird HIIT tatsächlich zum echten Trainingshit.
Methoden und Durchführung
Aufwärmen ist Pflicht. Das haben alle hier vorgestellten Trainingsmethoden gemeinsam. Die Muskeln sollten richtig warm sein, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.
Tabata
Das Tabata-Training wurde vom japanischen Professor Izumi Tabata entwickelt. Es hat gezeigt, dass Sportler, die fünf Mal pro Woche über einen Zeitraum von sechs Wochen nach dieser Methode trainiert haben, ihre Fitness im anaeroben Bereich um 28 und im aeroben um 14 Prozent steigern konnten. Bei der Tabata-Methode geben Sie 20 Sekunden Vollgas, gefolgt von einer Pause von zehn Sekunden. Wiederholen Sie diese Intervall- und Belastungsphase acht Mal, um auf ein Trainingsvolumen von vier Minuten zu kommen. Je nach Trainingszustand können Sie mehrere Durchgänge durchführen.
Diese kurzen, intensiven Einheiten trainieren das gesamte Herz-Kreislauf- System und verbessern die aerobe und anaerobe Leistungsfähigkeit. Anfängern wird von dieser Form des HIIT abgeraten. Tabata kann in Form eines klassischen Lauftrainings mit Sprints in den Belastungsphasen durchgeführt werden. Zum Kraft- und Muskelaufbau eignen sich aber auch verschiedene Übungen mit dem eigenen Körpergewicht. Ein Bodyweight-Tabata- Training könnte beispielsweise so aussehen:
Aufwärmphase: 5–10 Minuten
Belastungsphase:
- Durchgang: 20 Sekunden Burpees –
10 Sekunden Pause
- Durchgang: 20 Sekunden Kniebeugen –
10 Sekunden Pause
- Durchgang: 20 Sekunden Liegestütze –
10 Sekunden Pause
- Durchgang: 20 Sekunden Mountainclimbers –
10 Sekunden Pause
- Durchgang: wieder Burpees
- Durchgang: wieder Kniebeugen
- Durchgang: wieder Liegestütze
- Durchgang: wieder Mountainclimbers
Cooldown: 5–10 Minuten
Turbulence-Methode
Das Turbulence-Training beginnt mit einer Kraftübung, die acht bis zehn Mal langsam wiederholt wird. Danach folgt eine hochintensive Cardio-Phase (Laufen, Radfahren, Crosstrainer) von 60 Sekunden. Die Intervalle können nach Belieben wiederholt werden – eine festgelegte Dauer gibt es nicht. Die Turbulence-Methode eignet sich zum Einstieg mit kräftigenden Übungen, da diese langsam ausgeführt und damit korrekt erlernt werden.
Little-Methode
Diese Form des HIIT wurde nach dem US-Wissenschaftler Jonathan Little benannt. Bei dieser Methode dauert der hochintensive Teil 60 Sekunden, danach wird 75 Sekunden lang mit niedriger Intensität trainiert. Dieser Vorgang wird zwölf Mal wiederholt. Nach 27 Minuten ist die Belastungsphase beendet. Inklusive Warm-up und Cool-down sind rund 40 Minuten einzuplanen. Wie auch beim Tabata kann in den Intervall-Sessions gesprintet oder ein Bodyweight- Training absolviert werden.
Diese Form ist aufgrund der relativ langen intensiven Phase ebenfalls nicht für Anfänger geeignet.
Text Natascha Marakovits
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