Infekt
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Sport trotz Infekt – darf ich das?

Die Husten-Schnupfen-Heiserkeit-Saison hat ihren Höhepunkt erreicht. Höchste Zeit, den Wissensstand zum richtigen Umgang mit einem Infekt aufzufrischen. Wann ist wie viel Training erlaubt, und welche Stoppsignale gilt es zu beachten?

Vernünftig dosierter Ausdauersport in freier Natur gehört vor allem durch die günstigen Wirkungen auf den Hormonhaushalt zu den wirkungsvollsten Lebensstilfaktoren, um sein Immunsystem fit zu machen. Die von aktiven Muskeln freigesetzten Botenstoffe (Myokine) sind wichtige Regulatoren des körpereigenen Entzündungsgeschehens. Da Entzündungsreaktionen einerseits die erste Verteidigungslinie des angeborenen Immunsystems bilden, anderseits aber zu gefährlichen Krankheitsverstärkern werden, wenn sie aus dem Ruder laufen, ist eine ausbalancierte Entzündungskontrolle so wichtig.

Warum kann Sport vor einem Infekt schützen?

Der unter Sportlern verbreitete Glaube, grundlegend besser gegen Krankheitserreger geschützt zu sein, bedarf der Richtigstellung. Erreger docken an ihre „Opferzellen“ über spezielle Oberflächenstrukturen – sogenannte Rezeptoren – an, von denen sich auf den Zelloberflächen von fitten Sportlern nicht weniger finden als auf denen von „Couchkartoffeln“. Die Unterschiede betreffen somit nicht die Erstinfektion, sondern das Abwehrgeschehen danach. Entscheidend für gesundheitliche Beeinträchtigungen ist, wie das Immunsystem die ungebetenen Gäste einstuft (harmlos, gefährlich) und wie gut es in der Lage ist, Schädlinge wirkungsvoll mit der richtigen Waffenstärke zu bekämpfen, ohne versehentlich durch „Friendly Fire“ körpereigene Strukturen zu schädigen. Um bestmögliche Voraussetzung für die erhöhte Konfrontation mit Krankheitserregern in kalten Monaten zu schaffen, gilt es, die Trainingsbelastung zu dosieren.

Wie viel Training ist bei einem Infekt erlaubt?

Wenn erste Symptome einen spüren lassen, dass ein Infekt im Anflug ist, sollte die „Ignoranztaste“ besser nicht gedrückt werden. Wer jetzt versucht, „volle Pulle“ weiter zu trainieren, minimiert seine Chance, den Erreger noch abzuwehren, bevor er einen schwereren Krankheitsverlauf provoziert. Grobe Unvernunft kann sich mit lebenslangem Leistungsverlust, im schlimmsten Fall sogar lebensbeendend rächen. Insbesondere die Entwicklung einer Herzmuskelentzündung infolge eines banal erscheinenden Primärinfektes kann bei Nichtbeachtung dringend gebotener Schonung und zu frühem Intensivtraining dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen.

Das bedeutet nun nicht, bei jedem kleinen Hüsteln sofort die Füße hoch oder den Körper ins Bett zu legen. Bewegung an der frischen Luft ist grundsätzlich gut, besonders um für eine vollständige Belüftung der Lunge zu sorgen, was Krankheitserregern das Einnisten erschwert. Aber je nach Symptomstärke sollte es nur ein Spaziergang oder allenfalls regeneratives Laufen sein. Jegliche erschöpfende Belastung ist auch bei leichten Infekten tabu. Nicht nur für medizinische Laien ist es mitunter schwierig, die vernünftige Bewegungsdosis einzuschätzen. Bei Übertreibungen kommt das böse Erwachen zu spät. Daher lautet die Empfehlung: Wer sich nicht richtig fit, aber fit genug für ein bisschen Bewegung fühlt, sollte ausschließlich im gefühlten „Unterforderungsmodus“ trainieren. Somit sind Eigenverantwortung, Körpergefühl und Erfahrung mit der eigenen Belastbarkeit gefragt.

Wann sollte ich mit dem Sport aufhören?

Klare Stoppsignale für sportliches Training sind Fieber, lokale Entzündungszeichen wie Rötungen, Schwellungen, Schmerzen im Hals-Nasen-Ohren-Rachen-Raum, Atembeschwerden (Husten mit Auswurf) sowie Muskel- oder Gliederschmerzen.

Fieber ist eine „gewollte“ Immunantwort zur Beschleunigung der Abwehrmechanismen. Das auf Hochtouren arbeitende Immunsystem verbraucht viel Energie, die jetzt nicht an sportliche Aktivität verschwendet werden darf. Jede Immunschwächung erleichtert Erregern die systemische Ausbreitung im gesamten Organismus und erhöht die Gefahren eine Herzmuskelentzündung oder gar eine hochgradig lebensbedrohliche Blutvergiftung (Sepsis) zu erleiden. In Bezug auf das Myokarditisrisiko müssen Gliederschmerzen als Warnsignal beachtet werden. Selbst bei einem banal erscheinenden „Grippchen“ deuten Schmerzen in Gliedern auf einen Erregerübertritt in die Skelettmuskeln hin. Zwar unterscheidet sich der Herzmuskel strukturell und funktionell etwas von den Skelettmuskeln, doch macht ihn das nicht weniger anfällig für Infektionen. Bei Gliederschmerzen ist ein ruhiger Spaziergang mit Bekömmlichkeitsprüfung das höchste der sportlichen Gefühle.

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