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Winter – trotzdem formstark bleiben

Wie trainiere ich, wenn es draußen nass und kalt ist? Diese Frage stellen sich sowohl Einsteiger als auch erfahrene LĂ€ufer im Winter. Mit diesen Tipps gelingt ein effektives und abwechslungsreiches Training in Frost-Zeiten.

Seit Beginn der Corona-Pandemie zeichnet sich ab: Der Individualsport boomt, besonders viele Menschen halten sich in den eigenen vier WĂ€nden und der an der frischen Luft fit. Auch fĂŒr uns LĂ€ufer bieten sich in diesem Winter viele Möglichkeiten, die eigenen FĂ€higkeiten zu verbessern. Die Möglichkeiten sind vielfĂ€ltig, und spĂ€testens zum Jahreswechsel stellt sich die Frage nach neuen Gewohnheiten, ob es sich lohnt unterschiedlichere Reize in das Training zu integrieren oder ob das beste Training fĂŒrs Laufen das Laufen ist.

Die Frage lÀsst sich tatsÀchlich gut beantworten, wenn man die Beantwortung strukturiert angeht. Radrolle, Skilanglauf, Laufband, Crosstrainer, RudergerÀt, Yoga und viele Alternativen mehr bieten sich uns LÀufern im Winter, und alle haben ihre Vor- und Nachteile.

Ziele fĂŒr den Winter definieren

Beginnen sollte man die Beantwortung mit der Frage nach dem eigenen Ziel, denn Winter ist nicht gleich Winter. WĂ€hrend fĂŒr den einen ein FrĂŒhjahrsmarathon im April das nĂ€chste große Ziel ist und die Vorbereitung fĂŒr dieses schon im Januar beginnt, hat die andere noch gar keine Ziele fĂŒr 2022 und will sich zur allgemeinen Verbesserung erst mal um die eigenen SchwĂ€chen kĂŒmmern. Wie bei jeder guten Planung sollte man auch bei der Auswahl der Trainingsmittel und Sportarten das Ziel vor Augen haben.

Wichtig sind bei der Ziel-Definition folgende Begriffe:

‱Erreichbarkeit

‱Motivation

‱Messbarkeit

Der nĂ€chste Schritt ist, die LĂŒcke zwischen dem derzeitigen Stand und dem Ziel zu bestimmen, und danach ein methodisches Vorgehen zu entwickeln, um diese LĂŒcke zu schließen.

Zur praktischen Veranschaulichung eignen sich drei Gruppen:

Die erste Gruppe trainiert bereits ab Dezember auf ein Wettkampfziel hin. Dabei nimmt sie, soweit es geht, die lokale Winterlaufserie mit und hat den ersten Jahreshöhepunkt im April. Die Aufgabe ist es also, schon recht frĂŒh genau die wettkampfspezifischen Anforderungen zu erfĂŒllen. Im besonderen Fokus stehen vor allem die muskulĂ€re Anpassung an die LĂ€nge und an das Tempo des Wettkampfes. 

Gruppe zwei hat eigene SchwÀchen ausgemacht. Das können SchwÀchen in der Technik, in einer bestimmten Geschwindigkeit oder muskulÀre SchwÀchen sein. Nachdem diese die SchwÀchen minimiert sind, kann der Fokus auf spezielle Wettkampfziele gesetzt werden.

Auch Gruppe drei konzentriert sich zunĂ€chst auf die Grundlagen. Doch eine Verbesserung fĂŒr das FrĂŒhjahr geht bei dieser Gruppe nicht ĂŒber die Minimierung von speziellen SchwĂ€chen, sondern ĂŒber die Erhöhung der allgemeinen Grundlagenausdauer. Viel Umfang und das sogenannte Base-Building stehen in diesem Winter im Fokus.

Wir halten fest: Offensichtlich kann der Winter nicht fĂŒr alle drei Gruppen gleich aussehen und somit sind auch nicht alle Mittel die richtige Wahl fĂŒr jeden.

Gruppe eins hat nicht viel Zeit, sich mit Training zu beschĂ€ftigen, das nicht direkt zielfĂŒhrend ist. Jede Einheit muss einen direkten Zweck fĂŒr die bevorstehenden WettkĂ€mpfe haben. Sportarten, die sehr fern zum Laufen sind, bringen naturgemĂ€ĂŸ weniger spezielle Anpassungen. LĂ€ufer aus der Gruppe eins profitieren deswegen eher nicht von Yoga und Crossfit. Das Krafttraining im Winter sollte möglichst spezifisch die Laufeffizienz verbessern. Dazu sind SprungĂŒbungen deutlich besser geeignet als statische HalteĂŒbungen und ausfĂŒhrliche Dehnstunden. Laufen bringt im Falle der Gruppe eins auch die meisten Anpassungen, sowohl fĂŒr die Effizienz als auch fĂŒr die laufspezifische Ausdauer. FĂŒr LĂ€ufer dieser Gruppe sind maximal das Laufband und die Radrolle geeignete Trainingsmittel.

Alternative Trainingsmethoden im Winter

Laufband, Vorteile:

‱warm,

‱weniger Verletzungen durch kalte Muskulatur

‱Steigung

Laufband, Nachteile:

‱sehr gleichmĂ€ĂŸige Belastung

Radrolle, Vorteile:

‱keine Stoßbelastungen

‱guter Ausdauerreiz

‱Fernsehen und Zwift als Unterhaltung

Langlauf, Vorteile:

‱in puncto Ausdauer dem Laufen sehr Ă€hnlich

‱viele Muskelgruppen involviert

‱keine Stoßbelastungen

Klettern, Vorteil:

‱Training funktionaler Muskelketten

Klettern, Nachteil:

‱kein Ausdauerreiz

Yoga, Vorteil:

‱Beweglichkeit

Die eigenen SchwÀchen erkennen

Was das Laufen angeht, sollten LĂ€ufer mit einem frĂŒhen Saisonziel nicht die Laufpause zu lang ziehen. SpĂ€testens ab Dezember muss der Umfang wieder gesteigert werden, auch die Long Runs im Winter dĂŒrfen nicht dem Wetter zum Opfer fallen. 

Lange LĂ€ufe im Winter machen fĂŒr LĂ€ufer der Gruppe zwei dagegen meist keinen Sinn. Gruppe zwei will sich um die eigenen SchwĂ€chen kĂŒmmern. Sind gerade die langen LĂ€ufe das Problem, dann gesellt man sich besser zu den LĂ€ufern der Gruppe drei. 

Alle SchwĂ€chen haben aber die Gemeinsamkeit: Ihr Training ist meist deutlich anstrengender als das Training der eigenen StĂ€rken. Bei muskulĂ€ren SchwĂ€chen wird das durch einen ausgeprĂ€gten Muskelkater deutlich, bei ungewohntem Tempotraining durch eine lĂ€ngere Regenerationszeit. Genau aus diesem Grund macht es Sinn, in Phasen der SchwĂ€chenbekĂ€mpfung andere Reize möglichst gering zu halten und so den Gesamtorganismus nicht zu ĂŒberfordern. 

Das passende Training finden

Welche Trainingsmittel in diesem Winter die Richtigen sind, hĂ€ngt natĂŒrlich auch von der SchwĂ€che ab, die trainiert werden soll. Soll z. B. die maximale Sauerstoffaufnahme verbessert werden, aber der LĂ€ufer ist gerade nicht gewohnt, schnelle und harte Intervalle auf der Bahn zu machen, dann sind die Rennradrolle und der Crosstrainer die Möglichkeiten der Wahl. Auch das Laufband bietet hier die Möglichkeit, die SpitzenkrĂ€fte durch eine Steigung von 5 bis 10 Prozent zu verringern. Je nĂ€her die Wettkampfsaison rĂŒckt, desto mehr kann das Tempotraining dann wieder nach draußen verlagert werden: Die Grundlage ist geschaffen und die Belastung der Sehnen und der Muskulatur wird nur langsam gesteigert. Parallel bleiben die Reize auf das Ausdauersystem aber gleich hoch und wirksam ĂŒber den ganzen Winter. 

Liegt die eigene SchwÀche eher im Bereich der Koordination, der Beweglichkeit oder Ganzkörperkraft, dann bieten sich Alternativsportarten wie Yoga, Skilanglauf und Rudern an. Auch wenn Skilanglauf von den genannten noch die meisten Gemeinsamkeiten mit dem Laufen hat, bezieht auch das Skilanglauftraining Muskelgruppen ein, die sonst beim Laufen nicht gefördert werden.

Je unterschiedlicher die Belastung gegenĂŒber dem Laufen ist, desto mehr werden auch SchwĂ€chen adressiert, die durch Laufen entstanden sein könnten, aber desto lĂ€nger dauert auch wieder der Umstieg aufs Laufen. Hier macht also die Dosis die Wirkung und das Gift. Wer weiterhin drei bis vier Mal in der Woche trainiert und eine Einheit durch Sportarten wie Klettern oder Crossfit ersetzt, der profitiert davon in den meisten FĂ€llen. FĂŒr die praktische Anwendung kann man als Grundsatz nehmen: Je Ă€hnlicher die Sportart dem Laufen ist und vor allem, je mehr sie das Ausdauersystem fordert, desto besser und lĂ€nger kann sie auch das Laufen im Winter ersetzen. ZĂ€hlt man zu den verletzungsanfĂ€lligen LĂ€ufern, so bietet es sich an, im Winter auch mal das Laufen zugunsten anderer Sportarten zurĂŒckzuschrauben.

FĂŒr die dritte Gruppe, die die Ausdauerbasis fördern wollen, zĂ€hlt der Grundsatz: Stoffwechsel ist Stoffwechsel, und das Herz schlĂ€gt auf dem Rad nicht anders als auf der Laufbahn. Deswegen ist es sehr sinnvoll, Umfangssteigerungen immer unspezifisch vorzubereiten. Wer 80 km solide und verletzungsfrei laufen kann, der kann zusĂ€tzliche zwei Stunden Training in der Woche auf dem Rad oder besser noch auf dem Crosstrainer vorbereiten. Außerdem sollte im Blick gehalten werden, dass sowohl die Sehnen als auch die Knochen schon nach circa zehn Minuten Laufen optimal beansprucht wurden.

Wer also im Winter den Umfang steigern will, aber Angst vor Verletzungen hat, der kann am Tag 10 bis 20 Minuten laufen und danach auf eine alternative Ausdauersportart umsteigen. Das Fitnessstudio bietet mit LaufbĂ€ndern, Crosstrainern oder RĂ€dern zahlreiche Möglichkeiten. Wer sich in der Corona-Pandemie eine Radrolle gekauft hat und sich nicht allein des Knochen- und Sehnenreizes wegen fĂŒr 20 Minuten Laufen umziehen möchte, der kann die gleichen Anpassungen auch durch einige Minuten Seilspringen nach dem Rennradrollen-Training erreichen. Wer allerdings die gewonnene Ausdauer auch ins Laufen ĂŒbertragen will, der braucht auch zusĂ€tzlich die notwendige muskulĂ€re Ausdauer. SpĂ€testens zwölf Wochen vor einem Wettkampf sollte man daher von der Alternativsportarten ins Laufen wechseln.

Fazit

Mit alternativem Training im Winter kann neuer Umfang aufgebaut werden, ohne ­Verletzungen zu riskieren. ZusĂ€tzlich können SchwĂ€chen ausgebessert werden. Das spezifischste Training fĂŒrs Laufen ist und bleibt aber Laufen, und so muss rechtzeitig vor der Wettkampfsaison auch der Fokus wieder auf unsere Lieblingssportart wandern.

Kleiner Tipp: Weitere Texte zum Thema findest du in unserer Rubrik Training.

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