Fit für die großen Anstiege
Sind Anstiege für dich ein Problem? Unsere Experten von Two Peaks Endurance zeigen, wie du fit für lange Touren und zur echten Bergziege wirst.
Bergauflaufen ist anstrengend, doch wenn du gerne auf schmalen Pfaden unterwegs bist, dann weißt du auch, dass Anstiege zum Trailrunning dazugehören. Durch ein gezieltes Training und den cleveren Wechsel zwischen Laufen und Hiken schaffst du es aber, Uphills schneller und kraftsparender zu überwinden. Dies verschafft dir einen Vorteil gegenüber anderen Läufern, die das Bergauflaufen nicht in ihr Training einbauen.
Ich möchte dir in diesem Artikel die Berührungsängste nehmen, dir die Grundlagen der verschiedenen Bewegungsarten erläutern und dir aufzeigen, wie du Anstiege mit unterschiedlicher Steilheit am sinnvollsten überwindest. Zudem erfährst du, warum es keine Schande ist, steile Anstiege zu hiken und welche positiven Auswirkungen und Vorteile das Laufen an einer Steigung mit sich bringt.
Anstiege kraftsparend bewältigen
Kaum ein Trailläufer hat beim Bergauflaufen nicht schon einmal verständnislose Blicke und Kopfschütteln von Spaziergängern und Wanderern geerntet. Wenn du bisher meist auf flachen Strecken unterwegs warst, wird es dir vielleicht genauso gehen. Zurecht! Denn Uphill-Laufen ist anstrengend und erfordert eine Anpassung des Laufstils. Doch mit ein paar Tipps und Tricks sowie dem spezifischem Training kannst du deine Geschwindigkeit und deine Leistung am Berg deutlich verbessern – so erklimmst du Anstiege deutlich kraftsparender.
Doch warum genau ist das Bergauflaufen eigentlich so anstrengend? Wer schon einmal auf einem Trail unterwegs war, wird es kennen: Einen gleichmäßigen Rhythmus einzuhalten, ist nahezu unmöglich. Neben der Schrittfrequenz variiert auch unsere Schrittlänge ständig und muss durch uns angepasst werden. Laufen wir auf eine leichte Steigung zu, bemerken wir dies sehr schnell. Unbewusst drücken wir uns stärker vom Boden ab, verkürzen mit zunehmender Steilheit unsere Schrittlänge und lehnen unseren Oberkörper leicht nach vorn.
Zum besseren Verständnis möchte ich die Laufbewegung in vier Teilbewegungen aufgliedern. Nach der Flugphase kommt die Landephase mit dem ersten Bodenkontakt. Es folgt die Standphase und schließlich die Abstoßphase, in der das Knie- und Hüftgelenk des Standbeins komplett gestreckt werden und wir uns kraftvoll nach vorn-oben abdrücken. Es folgt erneut die Flugphase. Wenn wir nun an einer Steigung laufen, verschieben sich vor allem die folgenden Parameter:
- Der Abstoß erfolgt stärker nach oben
- Die Flugphase verkürzt sich
- Der erste Bodenkontakt erfolgt verstärkt über den Vorfuß
- Die Dauer der Standphase wird länger
- Der Oberkörper ist leicht nach vorn gebeugt
Wie du siehst, ändert sich also recht viel in der Laufbewegung. Hinzu kommt, dass du stärker gegen die Schwerkraft arbeitest, was dazu führt, dass die Anstrengung steigt und sich der Energieverbrauch erhöht.
Trainiere Anstiege
Im Training ist es zunächst einmal wichtig, dass du dich von dem Gedanken löst, dass du auf dem Trail auch wirklich immer läufst. Wie bereits geschrieben, wird das Einhalten eines gleichmäßigen Rhythmus immer schwerer. Sei dir dem bewusst und versuche nicht, im Uphill so weiterzulaufen, wie du es im Flachen tust. Reduziere deine Laufgeschwindigkeit und deine Schrittlänge und versuche, so gut es geht, einen gleichmäßigen Lauf- und Atemrhythmus beizubehalten! Halte deine Herzfrequenz bestmöglich konstant. Es geht jetzt noch nicht darum, den Anstieg möglichst schnell zu bewältigen. Vielmehr solltest du ein Gefühl für diese Bewegung bekommen. Mit zunehmender Anstrengung wird deine Atem- und Herzfrequenz steigen. Wechsle dann ins Hiken.
Wenn du bisher nur wenige Berührungspunkte mit Anstiegen hattest, empfehle ich dir, dich langsam daran zu gewöhnen und zu Beginn sechs bist zehn kurze Bergan-Steigerungsläufen für jeweils 20-30 Sekunden durchzuführen. In den Pausen trabst du langsam wieder nach unten. Verlängere die Intervalldauer nach und nach und laufe die Wiederholungen kontrolliert, so dass du am Ende der letzten Wiederholung die maximale Anstrengung erreichst.
Des Weiteren empfehle ich dir, einen Teil deiner Dauerläufe bewusst ins Gelände zu legen. Versuche, bei niedriger Intensität möglichst lange bergauf zu laufen und wechsel erst dann ins Hiken, wenn du deine Herzfrequenz nicht mehr kontrollieren kannst.
Generell empfehle ich dir, ganzjährig entsprechende Einheiten in dein Training einzubauen und beispielsweise jedes zweite Intervall an einer Steigung durchzuführen. Je näher du an deinen Zielwettkampf herankommst, desto spezifischer sollten die Steigung und der Streckencharakter sein.
Power-Hiken ist ganz normal
Wenn du noch nicht so lange auf Trails unterwegs bist, kommt es dir vielleicht merkwürdig vor, während deiner Läufe immer mal wieder zu gehen. Was im Straßenlauf verpönt und ein Zeichen von Schwäche ist, gehört beim Trailrunning dazu. Selbst für Profiläufer ist es ganz normal, bei langen und steilen Anstiegen immer wieder ins schnelle Wandern zu wechseln. Wer dies gut beherrscht, kommt schneller und kraftsparender die Berge hoch. So würde niemand der Teilnehmer des legendären UTMB – 170-Kilometer-langes Rennen um das Mont-Blanc-Massiv mit 10.000 Höhenmeter – auf die Idee kommen, alle Anstiege durchzulaufen. Je steiler der Abschnitt, desto sinnvoller ist es, vom Laufen ins Hiken zu wechseln. Wo dieser sogenannte „Transition Point“ liegt, ist jedoch sehr individuell. Neben der Steilheit spielen auch die Leistungsfähigkeit, die Pace, das Anstrengungsempfinden und die Rennstrategie eine Rolle. Gut trainiert können die Anstiege im Hiking-Modus sogar deutlich effizienter und kraftsparender bewältigt werden als beim Laufen.
Stockeinsatz
Viele Trail-Läufer nutzen im Uphill Stöcke. Durch einen gezielten Stockeinsatz kannst du die Belastung der Beine reduzieren und auf deinen Oberkörper verteilen. Dieser ist dann aufrechter, was das Atmen erleichtert. Stöcke empfehlen sich vor allem dann, wenn die Strecke lange und steile Anstiege hat und du das Hiken mit Stöcken im Training geübt hast. Nur dann sind sie ein echter Nutzen. Lasse dich bezüglich der Stocklänge und des Schlaufentyps vorab gut beraten. Hier gibt es, ebenso wie bei der Technik, wichtige Punkte, die Voraussetzung für einen gewinnbringenden Einsatz sind.
Wenn du eher auf einem welligen Kurs mit nur kurzen Anstiegen läufst, ist es meist ratsamer, diesen ohne Stöcke zu bewältigen. Das ständige Rausholen und Verstauen kostet dann im Verhältnis zur Einsatzzeit zu viel Zeit und Energie.
Alternativ zu Stöcken kannst du dich im Uphill auch mit deinen Händen auf den Oberschenkeln abstützen. Dies bietet sich v.a. dann an, wenn die Anstiege auf deiner Strecke nur kurz, dafür aber sehr steil sind oder du im Training keine Möglichkeit hattest, den Stockeinsatz zu trainieren.
Kreativität gefragt
Wenn du in einer Region lebst, in der es keine Anstiege, geschweige denn größere Hügel gibt, musst du für dein Berglauf-Training kreativ werden.
Am einfachsten ist es sicherlich, wenn du Zugang zu einem Laufband hast. Manche Geräte können auf bis zu 30-35 % Steigung eingestellt werden, was dir ermöglicht, ganz spezifisch unterschiedlichste Anstiege in dein Training einzubauen. Alternativ kannst du auch eine Endlostreppe nutzen, die insbesondere deine Hiking-Fähigkeiten verbessert. Schaue dich auch in deiner Umgebung um: gibt es dort Autobahnbrücken? Vielleicht finden sich auch kleine Hügel im angrenzenden Park oder im Wald, die du für 60-90 Minuten immer wieder hochrennen kannst? Arbeitest oder wohnst du in einem Hochhaus, dann nutze das Treppenhaus für spezifische Treppenläufe. Wohnst du am Meer, könntest du einmal nach einer Treppe an der Steilküste Ausschau halten. In manchen Gegenden Deutschlands gibt es auch Aussichtstürme, die du immer wieder hoch- und runterrennen kannst. Du siehst: irgendetwas findet sich immer.
Vorbereitung auf einen Wettkampf
Wenn du dich auf einen Wettkampf mit Höhenmetern vorbereitest, solltest du dir als erstes das Streckenprofil, die Länge der einzelnen Anstiege und deren Steilheit anschauen. Die Gesamt-Höhenmeterangaben sagen meist wenig über den Streckencharakter aus. 2000 Höhenmeter auf 42 Kilometer können sich auf drei Anstiege à 700 hm mit 8-12 Prozent Steilheit verteilen, aber auch bedeuten, dass du einen Anstieg von 1500 hm mit 20-25 % zu bewältigen hast und die restlichen 500 hm sich wellig auf den Rest der Strecke verteilen. Dies sind Informationen, die du nur im Streckenprofil findest. Sofern dort nicht schon Angaben zur Steilheit vorhanden sind, kannst du diese berechnen, indem du die zu überwindenden Höhenmeter durch die waagerechte Strecke teilst und anschließend mit 100 multiplizierst. Alternativ gibt es auch zahlreiche Online-Steigungsrechner.
Kennst du die Steilheit, kannst du dich deutlich gezielter vorzubereiten. Vielleicht hat dein Hausberg oder dein letzter Wettkampf einen vergleichbaren Anstieg? Perfekt. Du kannst jetzt besser einschätzen, was dich erwartet! (Text: Kim-Dania Schierhorn)
Im zweiten Teil schauen wir uns die positiven Auswirkungen des Uphilllaufens an und stellen euch drei beispielhafte Trainingseinheiten vor.