Tempo
Foto: Shutterstock / Josep Suria

Tempo-Training ohne Regeln

Für alle Läufer, denen das Intervalltraining zu starr und das Rundendrehen zu eintönig ist, gibt es eine effiziente Tempo-Alternative: Das Fahrtspiel.

Es ist mal wieder einer dieser Tage. Ein Blick auf den Trainingsplan nimmt dir jede Vorfreude, die Laufschuhe auch wirklich zu schnüren: Denn geplant sind heute zehnmal 800 Meter mit einer zweiminütigen Trabpause. Keine Frage, das Intervalltraining ist sehr effektiv. Hier wechseln sich schnelle, intensive Abschnitte mit aktiven Erholungsphasen ab.

Aber mit dieser Intervall-Methode vergrößerst du den Gesamtumfang des Trainings im anaeroben Bereich – die Quälerei macht sich am Ende des Tages auf jeden Fall bezahlt. Du wirst nicht nur schneller, sondern entwickelst auch eine bessere Tempohärte – somit kannst du eine höhere Geschwindigkeit deutlich länger aufrechthalten. Natürlich darf eine wichtige Komponente auch nicht unerwähnt bleiben: Regelmäßig absolvierte Tempo-Einheiten schulen die mentale Stärke. Doch nicht jeder Läufer will sich auch mit derartigen Tempo-Einheiten quälen. Die gute Nachricht: Es gibt eine effiziente Alternative, die weitaus vielfältiger ist und die Laufgeschwindigkeit spielerisch dauerhaft erhöht. Das sogenannte Fartlek.

Läufst du noch oder ballerst du schon?

Sicherlich ist dir dieser Begriff schonmal zu Ohren gekommen: Seinen Ursprung hat die Bezeichnung aus Skandinavien, wo „fart“ für Geschwindigkeit und „lek“ für Spiel steht. Im Deutschen heißt diese Trainingsform „Fahrtspiel“ – es wird also mit den Parametern Tempo und Belastung gespielt. Die Belastungsintensität deckt hierbei die gesamte Breite des Leistungsspektrums ab. Elemente des aeroben Trainings wechseln spielerisch mit Belastungen im anaeroben Bereich. Die Dauer- wird mit der Wiederholungs- und der Intervall-Methode vermischt.

Eine typische Belastungsvorgabe des Fahrtspiels kann also aus Dauerläufen, Temposteigerungen, kurzen Sprints, Trabpausen und selbst aus einfachen Gehen bestehen. Für die Auswahl des Tempos lässt du dich am besten von deiner Laufrunde inspirieren: Eine Tempoverschärfung auf dem Feldweg, ein kurzer Hügelsprint, Intervalle von Straßenschild zu Straßenschild und dann locker zurück nach Hause laufen – deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wer auf der weltweit größten Fitness-Plattform registriert ist, kann bei einem Fahrtspiel auch wunderbar auf die Jagd nach Segmenten gehen.

Tempo-Training nicht nur für Profis

Bei der vom damaligen Leichtathletik-Nationaltrainer Gösta Holmér entwickelten Trainingsmethode geht es also einzig und allein darum, das Tempo während des Laufens immer wieder zu wechseln. Selbst Profi-Sportler haben immer wieder Fartlek-Einheiten in ihren Trainingsblöcken.

Doch das Fahrtspiel ist keineswegs ausschließlich den besten Läufern der Welt vorenthalten. Es eignet sich auch perfekt als Einstieg in das allgemeine Tempo-Training. Die Vorteile liegen dabei klar auf der Hand. Denn wie bei jeder Form von intensiven Einheiten geht es auch beim Fartlek darum, den Körper mit neuen Trainingsreizen aus seiner Komfortzone zu locken, um so einen Anpassungseffekt hervorzurufen. Im Gegensatz zum Tempolauf und zum Intervall-Training konfrontierst du deinen Körper aber gleich mit mehreren, variierenden Geschwindigkeiten. Auf diese Weise stellst du dich in einer einzigen Einheit immer wieder vor neue Herausforderungen: Mal muss er im Bereich deiner VO2max arbeiten, dann an der aerob-anaeroben Schwelle oder – sofern du Sprints mit einbaust – im absoluten Maximalbereich. In keiner anderen Einheit kannst du mehr unterschiedliche Trainingsreize setzen. Keine andere Trainingsmethode ist so abwechslungsreich wie das Fartlek.

Das Fahrtspiel bereitet dich aber auch sehr realitätsnah auf Wettkämpfe vor, bei denen du kein konstantes Tempo laufen kannst. Geht es also in einem Rennen immer wieder bergauf und bergab oder musst du deine Laufgeschwindigkeit aufgrund enger Passagen immer wieder drosseln und erhöhen, dann kannst du diese Bedingungen mit einem Fartlek simulieren. Das Fahrtspiel ist daher eine ideale Ergänzung zu Tempoläufen und Intervallen, die häufig auf ebenen, geraden Strecken oder auf der Laufbahn absolviert werden, um optimale Bedingungen zu schaffen. Derartige perfekte Konditionen existieren in Wettkämpfen allerdings nur in seltenen Fällen.

Die spielerische Form des Laufens

Zu guter Letzt ist es natürlich perfekt für all diejenigen Läufer, die keiner richtigen Struktur folgen möchten. Der Name ist Programm: Das Fartlek ist eine spielerische Form des Laufens und bietet die Vorzüge des Tempotrainings, ohne das sich der geliebte Sport nach Arbeit anfühlt.

Hinten raus sollte die Einheit anstrengender werden, da die unterschiedlichen Belastungsstufen sukzessive schneller gelaufen werden – du solltest das Tempo also insgesamt viermal steigern. Die Pace während der Erholungsphase sollte rund 30 bis 45 Sekunden langsamer als das Tempo während der Belastung sein. Nach traditioneller Fartlek-Manier bestimmst du die Laufgeschwindigkeit für diese Session selbst – lediglich die Struktur des Workouts ist vorgegeben.

Ausbruch aus der Tempo-Monotonie

Wir halten also fest, dass Fartlek grundsätzlich im Gelände – statt auf der Laufbahn – durchgeführt wird und einer vorgegeben Struktur folgen kann, aber nicht muss. Du kannst das Tempo-Training also frei gestalten oder dich an professionell entwickelte Sessions halten. Wichtig ist jedoch, dass du dich als Einsteiger langsam an intensivere Einheiten gewöhnst. Sollte dein Training bis heute ausschließlich aus Dauerläufen bestehen, fängst du am besten mit kurzen Tempo-Workouts an.

Zu Beginn ist fünfmal 1:1 eine gute Einsteiger-Session. Du bist mit fünf intensiven Minuten auf jeden Fall schon gut bedient; bei einer Belastungszeit zwischen 30 bis 90 Sekunden ist eine einminütige Trabpause auch vollkommen ausreichend. Je häufiger du das Fartlek in deinen Trainingsplan integrierst, desto länger kannst du die Belastung aufrecht halten. Wie für jede Tempo-Methode gilt natürlich auch für das Fahrtspiel die 80:20-Prozent-Regel: Demnach sollten maximal 20 Prozent deines wöchentlichen Laufvolumens aus intensiven Einheiten bestehen.

Betriebstemperatur berücksichtigen

Was vor und nach einem Fartlek natürlich auch nicht fehlen darf, ist das Auf- sowie das Abwärmprogramm. Selbst wenn du das Fahrtspiel auf deiner normalen Strecke durchführst und mit einem langsameren Tempo startest, solltest du deinen Körper auf die bevorstehende Belastung vorbereiten. Denn stell dir deinen Körper beim Training wie den Motor eines Autos vor: Startest du dein Automobil kalt und gibst du sofort Vollgas, dann wird der Motor dabei in Mitleidenschaft gezogen.

Er braucht Zeit, bis er warmgelaufen und bereit für volle Leistung ist. Genauso verhält es sich mit deinem Körper: Springst du nach einem Nickerchen auf dem Sofa sofort in deine Laufschuhe, merkst du schnell, dass du unrund läufst – die Verletzungsgefahr ist hier erhöht. Dein Körper muss als erstmal langsam hochgefahren und auf Betriebstemperatur gebracht werden, bevor er richtig leistungsfähig ist. Ein paar Beinschwünge, kreisende Armbewegungen oder einige Hampelmänner regen den Kreislauf an. Idealerweise führst du vor Tempo-Einheiten einige Übungen aus dem Lauf-ABC durch. Denn wie die Fingerübungen beim Klavierspielen gehören die sogenannten „Running Drills“ zu jedem Trainingsprogramm dazu. Es dient der Einstimmung und Vorbereitung auf das Workout – die Faszienspannung, die Schnelligkeit, die Frequenz und die Koordinationsfähigkeit werden erhöht und geschult. Die Übungen sollten dich dabei natürlich nicht ermüden.

Kleiner Tipp: Weitere Texte zum Thema Training findest du hier.

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